Abendveranstaltung, Allgemein, Islamische Mystik, Online, Präsenz, Regionalgruppe Aachen, Textlektüre
Lektüre-Reihe: „Weibliche“ Mystik
Rahmen unserer regionalen Angebote in Aachen laden wir ein zu einer Veranstaltungsreihe der Evangelischen Stadtakademie Aachen (ESA)

Wenn von „weiblicher Mystik“ die Rede ist, sind damit in der Regel Traditionen der Mystik gemeint, die auf die Autorenschaft von Frauen (im biologischen Sinn) zurückgehen. In diesem Halbjahr wollen wir uns mit einer solchen ‚Mystik von Frauen’ befassen: indem wir gemeinsam Texte von und über Rabia von Basra (713-801), Teresa von Avila (1515-1582)und Etty Hillesum (1914-1943) lesen. Dadurch, dass wir uns jeweils einer islamischen, einer christlichen und einer jüdischen Mystikerin widmen, nehmen wir zugleich den im ersten Semester 2025 neu gewählten Ansatz einer interreligiösen Betrachtung auf.
Bewusst wurde das „Weibliche“ im Titel in Anführungszeichen gesetzt, weil eine leitende Frage unserer Lektüre jene sein soll, ob mit der Unterscheidung von Weiblichkeit und Männlichkeit – gerade in Bezug auf Mystik – nicht etwas anklingt, das über die bloße Geschlechterdifferenz hinausträgt, im Sinne einer Ausrichtung entweder auf überbegriffliche Einheit (‚weiblich’) oder begrifflichen Objektivismus (‚männlich’). In dieser gestisch-symbolischen Betrachtungsweise hätten alle Mystikerinnen und Mystiker der Möglichkeit nach individuell je unterschiedlich gewichtete weibliche wie männliche Anteile.
Themen und Termine:
1.
„…damit jeder Gott um seiner eigenen Schönheit willen anbete.“
Rabia von Basra (713-801) – eine frühe Vertreterin weiblicher Spiritualität im islamischen Sufismus
Dienstag, 16. September 2025, 18 bis 20.15 Uhr
Vielen ist nicht bekannt, dass in der frühesten Phase des islamischen Sufismus auch Frauen eine bedeutende Stimme hatten. Rabia von Basra (die hierzulande vor allem durch die Forschung der Orientalisten Annemarie Schimmel bekannt wurde) gehört dazu. Sie lehrte schon lange vor dem christlichen Mystiker Meister Eckhart, Gott „ohne Warum“ zu lieben. Es heißt, man sah Rabia in den Straßen von Basra mit einem Eimer Wasser in der einen Hand und einer Fackel in der anderen Hand. Als sie gefragt wurde, was dies zu bedeuten habe, antwortete sie: „Ich will Wasser in die Hölle gießen und Feuer ans Paradies legen, damit diese beiden Schleier verschwinden und niemand mehr Gott aus Furcht vor der Hölle oder in Hoffnung auf das Paradies anbete, sondern nur noch um Seiner ewigen Schönheit willen.“
Referent: PD Dr. Raid Al-Daghistani (Münster)

2.
„… auch wenn der Leib durchaus daran Anteil hat, und sogar ziemlich viel.“
Teresa von Avila (1515-1582) – über die „geistige Ekstase“.
Dienstag, 28. Oktober 2025, 18 bis 20.15 Uhr
In der „Vida“ (dt.: „Das Buch meines Lebens“) der Teresa von Avila kulminieren unterschiedliche Aspekte der sogenannten Frauenmystik des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Es geht hier vor allem um die leiblich-affektiven, erotischen Dimensionen der Gotteserfahrung. Als Teresa an einer Stelle in ihrer Autobiographie beschreibt, wie sie vom Pfeil der göttlichen Offenbarung schmerzhaft durchstoßen wurde, führt sie – bezüglich des in ihrer Zeit sehr problematischen Leib-Seele-Verhältnisses – aus: „Es ist dies kein leiblicher, sondern geistiger Schmerz, auch wenn der Leib durchaus daran Anteil hat.“ Diesen Nachsatz (zum Anteil des Leibes) wollen wir mit Blick auf die „Weiblichkeit“ in der Mystik in ihrem Werk besonders beleuchten.
Referent: Dr. Marco A. Sorace (Düsseldorf), Textlesung: Johanna Dreher (Hamburg)

3.
„… bis die Wörter in mir herangewachsen sind.“
Etty Hillesum (1914-1943) – eine jüdische Frau und Mystikerin im 20. Jahrhundert
Dienstag, 2. Dezember 2025, 18 bis 20.15 Uhr
Die niederländische Jüdin Etty Hillesum ist für das deutschsprachige Interesse an Mystik ein eher neuer Name. Sie war eine von den Nazis im KZ Auschwitz-Birkenau ermordete, tief spirituelle junge Frau. Der Fokus angesichts ihrer sehr lesenswerten Tagebücher („Das denkende Herz der Baracke“) lag bisher auf mehr ihrem abendländisch-christlichen Einfluss. Interreligiös spannend könnte – vor dem Hintergrund des Motivs eines mit dem Menschen schicksalhaft verwobenen Gottes – eine Erörterung des (auch nach Geshom Scholem) „weiblichen Prinzips“ der jüdischen Mystik sein, der „Schechina“ als der Einwohnung Gottes in der Welt, das bei Hillesum allerdings nicht ausdrücklich ist.
Referent: Dr. Gotthard Fuchs (Wiesbaden)

Leitung: Dr. Uwe Beyer (ESA)
Ort: Hybrid-Veranstaltung –
in Präsenz im Ev. Gemeindehaus Annastr. 35, Aachen und digital über Zoom
Teilnahmegebühr pro einzelner Veranstaltung: 6 €
Die drei Veranstaltungen können auch einzeln besucht werden.